Transalp 22. August 2005

Heuer sollte es also noch einmal über die Alpen gehen. Nach 1999, wo es von Pertisau (Achensee) nach Cortina d`Ampezzo (Italien) ging, sollte es dies`mal Riva del Garda als Ziel jenseits des Alpenhauptkamm sein. Gestartet sollte in Oberstdorf im Allgäu werden.

Auf der Geburtstagsfeier meinens Sportfreundes Wilfried wurde die Idee geboren mal oder auch mal wieder die Alpen mit dem Bike zu durchqueren. Wilfried wollte sich seinen lang gehegten Wunsch in diesem Jahr endlich erfüllen u. er fragte mich, ob ich nicht mitfahren wollte. Ich sagte zu und das Zweierteam war geboren. Als Route haben wir den A. Heckmaier Classiker Oberstdorf – Riva gewählt.

In den nächsten Tagen konnten wir dann noch den Hans von unserem Vorhaben begeistern u. somit war der Club der alten Säcke (154Jahre) komplett. Fehlte nur noch ein konkreter Starttermin. Nachdem wir die erste Literatur u. das Video zu diesem Transalp studiert hatten kamen wir zu den ersten Überlegungen u. Festlegungen:

lieber 7 Tage Fahrzeit statt 5 Tage (die Tagesetappen sind somit kürzer u. wahrscheinlich auch Kraft sparender), den Gavia u. Passo Campo wollten wir umfahren (dadurch weniger Straßen – Trage – u. Schiebepassagen).

So, die Grundsätzlichkeiten waren damit festgelegt u. mit dem 22. August haben dann wir den Starttermin gesetzt.

Im Verlauf der nächsten Monate wurde die Route immer konkreter und die Tagesetappen mit den zu buchenden Übernachtungsmöglichkeiten wurden festgelegt u. geordert.

Der Streckenverlauf wie folgt:

1. Tag: Fischen, Oberstdorf, Schrofenpaß, Warth, Lech, Formarinsee, Freiburgerhütte

2. Tag: Freiburgerhütte, Dalaas, Kirstbergsattel, Schruns, Schlappiner Joch, Schlappin

3. Tag: Schlappin, Davos, Dürrboden, Scalettapaß, Susauna, S.Chauf, Zuo

4. Tag: Zuoz S-Chauf, Paß Chaschauna, Livingno, Passo Alpisella, Arnoga, Valdidentro

5. Tag: Valdidentro, Arnoga, Pso di Verva, Eita, Grosio, Pso della Foppa, Edolo

6. Tag: Edolo, Breno, Pso di Croce Domini, Bagolino

7. Tag: Bagolino, Tremalzo, Pso Nota, Pso Guil, Pso Rocetta, Pregasina, Ponale Straße, Riva del Garda

Allgäu, der Starttermin rückte näher, noch 4 Tage.

Neben meinen leichten Trainingfahrten in den Allgäuer Bergen fing ich dann aber auch schon mal an, meinen 35l Rucksack zu Packen u. zu Optimieren. Klamotten u. den Hüttenschlafsack kamen in den Rucksack – das Werkzeug wollte ich in einer Nierentasche direkt am Mann tragen. Die Kamera sollte ihren Platz in einer relativ kleinen Lenkertasche bekommen. Am Bike sollten 2 Flaschen angebracht werden.


So war, fand ich, das Gewicht gut verteilt (der Rucksack lag bei ca. 8,5 kg)

Als dann Hans u. Wilfried mit Ulrike per Wohnmobil eintrafen, konnte es doch fast schon losgehen. Vorher machten wir dann aber noch einen Tripp über meine Hausrunde (unter realen Bedingungen). Es sollte sich heraustellen, ob die Rucksäcke so vom Gewicht her gut u. die Bike`s in Ordnung waren.
Die Runde brachte wirklich Klarheit, so daß wir kleinere Mängel an den Rädern sofort abstellen konnten u. nach der Runde ein nochmaliges Gewichtstuning durchgeführt wurde. Der Starttermin rückte näher, noch 3 Tage.
Wilfried + Ulrike fuhren mit dem Wohnmobil bis zum Starttag zu einem Stellplatz nach Oberstdorf.

Das Wetter ändert sich, – es fängt an zu regnen.
Der Starttermin rückte näher – Samstag, noch 2 Tage.
Es regnet sich ein ! Es ist gar nicht richtig hell – wo sind die Berge? Es schüttet !

Hans u. ich fahren mit meinem PKW mal da hin, wo es vielleicht nicht regnet – nach Pfronten.
Denkste, hier isset noch schlimmer – oder?! Ich fahre hoch ins Tannheimer-Tal. Es Schüttet, wie aus Kübeln ! Schnell tanken u. dann zurück nach Vorderburg. Abends gehen wir lecker Essen – zurück im Ferienhaus-Weissenbach kommen wir gerade noch pünktlich zur TV-Wetterkarte. Und was wir da zu hören bekamen, bedeutete nichts gutes: Es soll weiterhin ausgiebig regnen, … erst im Laufe der kommenden Tagen kann es sich vielleicht bessern.

“ Boaah, mal Abwarten – aber weißt Du was da oben(in den Bergen) jetzt los ist, Hans ? „
“ Nee, wieso ? „
“ CHAOS, … ich schätze mal absolutes Chaos !?
Schade das ich hier nicht ins Internet komme – müssen wir aber mal. Hans, morgen gehen wir mal ins Internetcafe und machen uns Schlau !!! „

Der Starttermin rückte immer näher – Sonntag, noch 1 Tag.

Es war ernüchternd, was wir dann unter www.wetter.com am nächsten Tag in einem Internetcafe gesehen hatten: über unserem Startgebiet (einschließlich Österreich, Schweiz, Norditalien) lag ein riesiger Wolkenwirbel. Regenwahrscheinlichkeit in den nächsten beiden Tagen 80-90%, vorübergehende Besserung erst am Mittwoch in Sicht.

Das war es: ein mögliches Zeitfenster – wenn, dann frühestens Mittwoch. Wir müßten den Starttermin etwas schieben ! Den Schrofenpaß bei diesem Wetter, … geht nicht!
Ich nahm dann per Handy mit Wilfried Kontakt auf u. wir haben über die Situation beraten.
Nach kurzem Gespräch waren wir uns darin einig, unseren Start mit allen damit verbundenen Konsequenzen zu verschieben u. auf besseres Wetter zu hoffen.

Heute ist Montag der 22. August (der alte Starttermin)

Ich stehe morgens auf dem Balkon u. glaube es kaum: „Hans, komme doch mal auf den Balkon! Siehst DU das auch?“
Hans sagte nur:“Ach du Scheiße !!! Das sollten wir uns doch mal aus der Nähe anschauen“.
Land unter – eine Seenlandschaft breitete sich aus. Das Nachbardorf war nicht mehr erreichbar!
Und dann beim Frühstück die Schlagzeilen der Allgäuer Zeitung:

+ + Falsche Wetterprognosen + + Hochwasser kommt über Nacht + + Allgäuer total überrascht + +

!! Katastrophenalarm !!

Dienstag (es regnet immer noch!), … es sollte noch schlimmer werden. Chaos und Zerstörung – nicht nur an Bächen u. Flüssen.

Im Allgäu (D), Vorarlberg/Tirol (A), Unterengadin (CH) wurde der Katastrophennotstand ausgerufen. Große Teile der Landesregionen waren nur noch auf dem Luftwege erreichbar.

Ja, was machen???
Ich rief dann mal morgens per Handy auf der Freiburgerhütte an. Langes Klingeln … dann ein leises „Hallo ?“. Es war eine Frau, nicht der Hüttenwirt. Die Frau erklärte mir, daß dieses Gespräch über eine Rufumleitung läuft, da die Hütte nicht belegt wäre.
“ … wissen Sie eigentlich gar nicht was bei uns hier los ist ?“ fragte sie mich, vom Tonfall her sichtlich aufgebracht. Ich erklärte ihr meine/unsere Situation u. sie wurde wieder sachlicher. “ … es hat keinen Sinn, Sie kommen wahrscheinlich eh nicht durch !“ Mit diesen Worten endete unser Gespräch. Ich informierte Hans von diesem Gespräch u. wir kamen dann gemeinsam ins Grübeln … bei dem Wetter über den Schrofenpaß, macht keinen Sinn. Alternative dazu wäre dann halt nur ein Start im Lechtal – Steeg, oder so – oder gar nicht ?!
Man, der Wilfried muß her! Ich rufe ihn an.
Hatte ihn dann am Telefon und er hörte mir ziemlich ungläubig zu. „… Komme doch bitte nach Vorderburg, das müssen wir beim Kaffee besprechen“ sage ich. „Ich war gerade mit dem Hund an der Stillach …, das Wasser wird schon weniger. Ist gut, wir kommen“ saget er.
Es regnet nicht mehr !!!
Am frühen Nachmittag, als Wilfried + Ulrika da waren, hörten wir in den Nachrichten daß Vorarlberg von Deutschland aus telefonisch nicht mehr erreichbar war.
Die Stimmung ging dann doch ziemlich in den Keller. Wir suchten nach alternativen Startmöglichkeiten, da wir mittlerweile Oberstdorf aus schlossen.
Über das Fremdenverkehrsbüro Reuthe stellte sich heraus, daß das Lechtal nur noch bis Steeg befahrbar war. Dahinter waren mehrere Geröll-Lawienen abgegangen u. dadurch war das Erreichen von Warth/Lech unmöglich geworden.

Das war leider so – es war ja sogar noch viel schlimmer. Lech war zu diesem Zeitpunkt schon fast verschüttet u. große Teile unseres Weges im Unterengadin ebenfalls. Zuoz (3. Tag) nur noch per Heli erreichbar !!!

Wir haben dann gemeinsam beschlossen (zähneknirschend zwar) diesen Alpencross nicht durchzuführen !!!
( Es war wirklich besser so )

Das Ziel Gardasee sollte aber für diesen Urlaub noch weiterhin bestehen. Wilfried wollte sich Zeit lassen u. mit dem Wohnmobil hinunterzockeln. Anette kam mit den Kindern im Allgäu vorbei u. nahm ihren Hans mit.
Einige Tage danach fuhr auch ich mit dem PKW zum Lago.
Ja, so geht`s auch.

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